Die Aktionen der Letzten Generation bekommen gerade viel Aufmerksamkeit. Wer engagiert sich da – und warum ist die Gruppe so hierarchisch organisiert?
Malene Gürgen 10.12.2022, 18:52 Uhr
Doch als sie weiter scrollt, erfährt sie auch: Während die Demonstration durch die Straßen zog, verabschiedete der Koalitionsausschuss ein Eckpunktepapier für die deutschen Klimaziele bis 2030. Und egal, welchen Kommentar sie liest, alle sind sich einig: Die beschlossenen Maßnahmen sind nicht ausreichend, zu zaghaft, zu spät.
Die Geldstrafen müssen die Aktivist:innen häufig privat tragen, anders als bei anderen Gruppen, wo dafür Unterstützung organisiert wird.Dazu kommt: Die Letzte Generation ist hierarchischer organisiert, als man es sonst aus sozialen Bewegungen kennt, in denen Basisdemokratie eigentlich groß geschrieben wird.
Die Vorträge sind wichtig für die Gruppe, darüber gewinnt sie neue Mitglieder: Wer möchte, kann am Ende seine Kontaktdaten abgeben und wird zu einem Aktionstraining eingeladen. Wer dort teilgenommen hat, kann bei den Straßenblockaden mitmachen. Lisa Reiche holt gerade ihr Abi nach, sie hat zuerst eine Ausbildung gemacht, wohnt jetzt in einem Hausprojekt und arbeitet als Einzelfallhelferin für Kinder mit Beeinträchtigungen. Sie ist ein Mensch, der starke Empathie für die Schwachen aufbringt, seien es kleine Kinder oder die Bewohner:innen der Teile der Welt, die am stärksten unter den Klimafolgen leiden.
Als Naturwissenschaftler hat er sich schon früh mit dem Klimawandel beschäftigt, aber mit Aktivismus hatte er bis zur Letzten Generation keine Berührungspunkte. Im März ging Schnarr zu einem Vortrag der Gruppe in Greifswald. Vier Wochen später klebt er sich bei den Aktionen der Gruppe in Frankfurt am Main auf die Straße, kommt in Polizeigewahrsam, mehrmals, einmal fünf Tage am Stück.
Er, der fast sein ganzes Leben von einer großen Koalition regiert wurde, habe schon gehofft, dass sich mit der Ampelregierung etwas ändere, sagt Schnarr. „Es gibt ja auch ein paar Verbesserungen in anderen Bereichen, aber die Realität der Klimasituation wird einfach nicht anerkannt. Über die Klimaziele wird geredet, als wären das Fußballergebnisse: Tja, nicht geklappt, schade, aber kann man nicht ändern.
Vor der Letzten Generation habe die Klimabewegung ein Problem gehabt, sagt Bautz: „Da gab es jahrelang ein Mehr vom Selben.“ Fridays for Future habe noch mehr Demonstrationen organisiert, Ende Gelände noch mehr Kohlegruben besetzt. „Aber leider nutzt sich das medial mit der Zeit ab, die Aufmerksamkeit schwindet.“ Erst die Letzte Generation habe es geschafft, wieder wirklich große Aufmerksamkeit für Klimaschutzforderungen zu erzielen.
Doch auch Kaiser macht einen Unterschied deutlich: „Greenpeace war und ist bekannt für spektakuläre und wirkungsvolle Aktionen des zivilen Ungehorsams, die immer am Ort des Geschehens stattfinden.“ Im Berliner Regierungsviertel demonstrieren, das Verkehrsministerium blockieren, die Kohlegrube besetzen: So läuft Protest normalerweise. Die Letzte Generation verfolgt eine andere Strategie, weil sie eine andere Vorstellung davon hat, wie Veränderung funktioniert.
„Natürlich fühlt es sich skurril an, gefühlt das zwanzigste Interview dazu zu geben, welche Art von Sekundenkleber wir benutzen“, sagt Carla Rochel. „Aber es ist ja nun auch nicht so, dass die, die sich jetzt über unsere Aktionsformen empören, vorher die ganze Zeit über die Klimakrise geredet hätten.
Straßenblockaden als Protestform sind nicht neu, neu ist die Intensität und Ausdauer, mit der die Letzte Generation sie betreibt. Bei der Wahl der Blockadeorte zielen sie darauf ab, so viel Störung wie möglich zu erzeugen. Betrachtet man das Verhältnis der Anzahl der Aktivist:innen, die dafür benötigt werden, und die Aufmerksamkeit, die sie bekommen, ist das Ergebnis ein extrem effizienter Ressourceneinsatz.
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